Betreiber: Weihnachts-Besuch im Pflegeheim abwägen

Betreiber: Weihnachts-Besuch im Pflegeheim abwägen

Ein Schild mit der Aufschrift „Pflegeheim“ steht an einer Straße. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Wuppertal/Düsseldorf (dpa/lnw) - Bricht in Pflegeheimen das Coronavirus aus, gibt es oft viele Tote. Heimleitungen und Träger blicken daher vor den Festtagen mit Sorge auf die anhaltend hohen Infektionszahlen - und kritisieren ein Versprechen der Landesregierung. Aus Angst vor Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen appellieren Heimbetreiber an Angehörige, jeden Besuch über die Feiertage abzuwägen. Angesichts dauerhaft hoher Infektionszahlen wachse die Sorge, dass das Virus in die auch im Lockdown für Besucher weiter geöffneten Einrichtungen getragen werden könne. „Es besteht einfach die Angst, dass Angehörige oder Mitarbeiter das Virus verbreiten - ausgerechnet unter der vulnerablen Gruppe“, sagte Sebastian Riebandt, Fachreferent stationäre Pflege beim Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW.

Allein seit Oktober sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums knapp 1300 Bewohner in nordrhein-westfälischen Pflegeheimen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Am Freitag waren knapp 4900 Bewohner und rund 2300 Mitarbeiter in stationären Einrichtungen infiziert. Mehr als jede vierte Einrichtung ist betroffen.

Im Frühjahr hatte die zeitweise strikte Abriegelung der Einrichtungen vielfach für Vereinsamung und Leid geführt. Dass soll nun vermieden werden: „Ich werde die Besuchsmöglichkeiten in den Heimen durchsetzen“, betonte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zuletzt. Man werde den Heimen über die Weihnachtsfeiertage mit Personal helfen. Es würden zusätzlich Sanitäter zur Verfügung stehen - etwa für Schnelltests.

Träger und Heimbetreiber sehen diese Zusage skeptisch. So fordern viele Träger seit Wochen mehr Personal, um Schnelltests flächendeckend einsetzen zu können. „Würden wir mit unseren jetzigen Ressourcen jeden Bewohner, Mitarbeiter und Besucher über die Feiertage testen, ginge das nur zu Lasten der Versorgung“, sagte Roland Weigel, Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege, einer Interessenvertretung mehrerer Heime im Revier. Sein Appell an die Angehörigen: „Reduziert die Kontakte so gut es geht und macht euch lieber Gedanken über das Weihnachtsgeschenk. Mit einem Tablet könnte die Großmutter dann bei der Bescherung dazu geschaltet werden.“

„Wir versuchen mit allen Mitteln, das Risiko zu minimieren ohne die Pflegebedürftigen zu isolieren“, sagt Riebandt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Aber das sei immer auch ein Spagat. Auch er berichtet über positive Erfahrung mit den Antigentests. Und doch: „Das tägliche Testen jedes Besuchers ist für meisten Einrichtungen schlicht nicht möglich. Dafür fehlt das Personal“, sagte er. „Und je mehr Fälle wir in den Einrichtungen haben, desto knapper sind die Ressourcen“, beschreibt er das Dilemma. „Vor dem Hintergrund ist es nahezu unverschämt, wenn der Minister mit dem bloßen Verweis auf Schnelltest-Möglichkeiten Besuchsgarantien ausspricht.“

Und noch eine dringliche Bitte ist zu hören, etwa vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa): „Wer seine Angehörigen schützen will, der sollte erst gar nicht auf die Idee kommen, sie über Weihnachten nach Hause zu holen“, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer. „Um sich vorzustellen, was passiert, wenn auch nur eine Person nach den Festtagen infiziert zurückkehrt, braucht man nicht allzu viel Fantasie“, sagte er und verweist auf die Dutzenden Toten in manchen Einrichtungen. Er rät, sich früh mit der Heimleitung in Verbindung zu setzen, Besuchs- und Schnelltesttermine zu vereinbaren.

Interessenvertreter der Pflegebedürftigen unterstreichen, wie wichtig das Besuchsrecht sei: „Besuche müssen stattfinden - aber eben unter den nötigen Vorkehrungen. Das braucht Planung und Abstimmung“, sagte David Kröll, Sprecher vom BIVA Pflegeschutzbund. Es müssten Termine vereinbart werden, damit der Besuchsandrang entzerrt und absehbar sei. Auf die Verfügbarkeit von Schnelltests in den Einrichtungen, dürfe man sich dabei nicht verlassen: „Da gibt es nach wie vor handfeste Probleme“, sagt Kröll. In der geltenden Corona-Schutzverordnung des Landes NRW sind die Schnelltests für Besucher lediglich empfohlen. „Die Tests waren im Herbst ein Versprechen des Gesundheitsministers, sichere Besuche einfach zu ermöglichen, das im Moment nicht überall eingehalten werden kann“, sagt Kröll. Daher müsse man sich bei einem Besuch besonders genau an die anderen Schutzmaßnahmen der jeweiligen Konzepte halten. In jedem Fall sollte man an die Angehörigen appellieren, die Risiken eines Besuches gut abzuwägen - „und bei kleinsten Symptomen lieber zu Hause zu bleiben“.