Tafel-Vorsitzender: Ehrenamtliche trotz Corona hochengagiert

Tafel-Vorsitzender: Ehrenamtliche trotz Corona hochengagiert

Wolfgang Weilerswist, Vorsitzender des Nordrhein-Westfälischen Landesverbandes der Tafeln, steht in der Ausgabestelle der Tafel Mechernich. Foto: Oliver Berg/dpa/Archivbild

Neuss (dpa/lnw) - Die Tafeln in Nordrhein-Westfalen haben sich längst auf Corona eingestellt und verteilen weiter überschüssige Lebensmittel an Bedürftige. Mancherorts hat sich aber die Kundschaft geändert. Der Vorsitzende des Tafel-Landesverbandes NRW sieht trotz der Corona-Pandemie ein hohes Engagement bei den überwiegend älteren ehrenamtlichen Tafel-Helfern. „Während des Lockdowns im Frühjahr hatten wir noch versucht, die Älteren zu überzeugen, zuhause zu bleiben“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Tafeln in NRW, Wolfgang Weilerswist (70), der Deutschen Presse-Agentur. „Das haben wir jedoch schnell aufgegeben, als die Leute dann fast heulend vor einem standen.“

Die Entscheidung überlasse man nun den Helfern, achte aber darauf, dass die Sicherheitsregeln eingehalten werden: Abstand, Mundschutz, Hygiene. Die meisten Mitarbeiter seien Rentner. Im Frühjahr hätten allerdings auch viele Jüngere geholfen, etwa Studenten. In Nordrhein-Westfalen gibt es nach Angaben von Weilerswist derzeit 174 Tafeln. 134 davon sind Mitglied im Landesverband. Während des Lockdowns im Frühjahr blieben viele Tafeln des Landesverbandes geschlossen: Weilerswist schätzt deren Zahl auf 60 bis 70.

Auch im aktuellen Lockdown wurden einige Tafeln geschlossen. Bis Freitag hatten sich in der Verbands-Geschäftsstelle in Neuss 20 Tafeln gemeldet, die mit dem Beginn des Lockdowns am vergangenen Mittwoch die Verteilung von Lebensmitteln eingestellt hatten. Weitere 20 schließen ab der kommenden Woche. Wieder öffnen wollten die Einrichtungen dann wieder ab dem 4. oder 11. Januar, sagte eine Mitarbeiterin des Landesverbands.

Die Corona-Pandemie hat sich laut Weilerswist unterschiedlich auf die Arbeit der Tafeln in Nordrhein-Westfalen ausgewirkt. So hätten einige weniger, andere mehr Kunden verzeichnet. Die Zusammensetzung der Kundschaft habe sich geändert: Unter den Kunden seien mancherorts nun auch Bezieher von Kurzarbeitergeld, das mitunter nicht ausreiche. „Es kommen auch Studenten, die sonst in der Gastronomie gearbeitet haben und ohne BaföG auskamen.“ Bis zur Bewilligung ihrer Anträge auf Ausbildungsförderung nähmen sie dann die Hilfe der Tafeln in Anspruch. In Regionen, in denen sonst der Fremdenverkehr eine große Rolle spiele, kämen auch Mitarbeiter aus dieser Branche zu den Tafeln.

Änderungen habe es auch bei den gespendeten Lebensmitteln gegeben. So seien von den Händlern weniger Grundnahrungsmittel wie Zucker, Mehl, oder Nudeln gespendet worden. „Gemüse und Brot war aber reichlich.“ Bei Tiefkühlware habe es quasi keinen Unterschied gegeben. Spenden seien auch von privaten Spendern gekommen, die ihre Vorräte im Frühjahr zu sehr aufgestockt hatten. „Es gab welche, die uns zehn Pfund Zucker und zehn Pfund Mehl gebracht haben.“ Toilettenpapier habe man aber nicht bekommen.

Geändert wurden auch die Abläufe in der Lebensmittelausgabe. So dürfe etwa bei der Tafel der Eifelstadt Mechernich nur jeweils ein Kunde in den Eingangsbereich. Die Helfen packten dann die Tasche und gäben sie dem Kunden gefüllt wieder zurück. „Das klappt, ist aber aufwendig.“ Die Ausgabezeiten hätten sich dadurch deutlich verlängert, in Mechernich um anderthalb bis zwei Stunden.

Auch das Land habe die coronabedingten Mehrausgaben der Tafeln unterstützt. Insgesamt 638 000 Euro hätten die Tafeln vom Gesundheitsministerium erhalten, etwa für Umbauten, Masken oder Desinfektionsmittel. Jede Tafel konnte bis zu 5000 Euro beantragen. „Das hat uns immens geholfen“, sagte Weilerswist.

Bei den Tafeln in NRW arbeiten laut Weilerswist rund 17 000 Menschen. Etwa 600 von ihnen hätten einen Arbeitsvertrag, die anderen seien ehrenamtlich tätig. Die erste Tafel in NRW wurde im November 1994 gegründet.