Kultur

„Der Boandlkramer“ - Vilsmaiers Abschiedsfilm

Freitag, 14. Mai 2021 - 12:40 Uhr

von Von Cordula Dieckmann, dpa

Der letzte Film des 2020 gestorbenen Regisseurs Joseph Vilsmaier ist eine Komödie. Foto: Tobias Hase/dpa

München (dpa) - Der Tod ist ein finsterer Geselle. Dennoch hat Joseph Vilsmaier über ihn eine Komödie gedreht, als er selbst schon sterbenskrank war. „Der Boandlkramer und die Liebe“ ist der letzte Film des Regisseurs. In Bayern führt der Weg in den Himmel über die Berge - zumindest in der Komödie „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“. Der letzte Film des 2020 gestorbenen Filmemachers Joseph Vilsmaier ist unterhaltsam und von leiser Wehmut durchzogen.

Michael Bully Herbig gibt den personifizierten Tod, der sich auf der Erde in eine Frau verliebt, gespielt von Hannah Herzsprung. Mit dabei sind auch Hape Kerkeling als Teufel, Sebastian Bezzel und Götz Otto. Eigentlich sollte die Komödie schon im Dezember ins Kino kommen. Der Start wurde aber wegen der Corona-Pandemie mehrmals verschoben. Nun läuft sie ab Freitag (14. Mai) beim Streamingdienst Amazon Prime. Für so manche Kinobetreiber eine herbe Enttäuschung.

„Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ ist einer der schönsten Filme von Vilsmaier („Comedian Harmonists“), ein Abschiedsgeschenk an sein Publikum. Im Vorgängerfilm „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ wollte ein Wilderer mit List und „Kerschgeist“ weitere Lebensjahre herausschlagen. Dieses Mal hadert der Boandlkramer selbst damit, dass er Menschen in den Himmel oder die Hölle befördern muss, so wie es sein Chef will - Gott höchstpersönlich.

Denn als er den kleinen Maxl holen soll, verliebt er sich in Gefi, die Mutter des Buben. Fortan versucht er alles, um den göttlichen Plan zu durchkreuzen und Gefis Herz zu erobern. Damit er in Menschengestalt auf die Erde kann, lässt er sich gar auf einen Pakt mit dem Teufel ein.

Im realen Leben ist der Himmel im niederbayerischen Kloster Metten - ein Ort barocker Pracht mit prunkvoller Klosterbibliothek, Kirche und einem Rokoko-Festsaal, wo Rick Kavanian als Himmelspförtner Wache hält. Eine Behörde, wo die Wichtigen alle bairisch sprechen. Und wo Gott als oberster Chef auch mal schlecht gelaunt und wütend sein kann, wenn die Buchhaltung der Lebenden und Toten durcheinander gerät.

Ganz anders die Hölle. Im blendend weißen Ambiente wacht hier Nadja Auermann als Teufelin über die Pforte. Die Hölle selbst ist ein Spiegelsaal, ein Showpalast und der Teufel ein singender, tanzender Entertainer. Kerkeling spielt ihn als Verführer und Schmeichler, mit samtweicher Stimme, wittert er doch das Geschäft seines Lebens, wenn er dem Tod das ewige, irdische Leben anbietet.

Das Drehbuch von Herbig, Marcus H. Rosenmüller und Ulrich Limmer ist witzig und charmant und bietet wunderbare Dialoge und Szenen. Etwa, wenn der Boandlkramer über sein wild klopfendes Herz beim Anblick Gefis sinniert. „Da flatterts richtig, als ob da lauter Stubenfliegen drin wären“. Oder wenn er den Heiratsschwindler Gumberger (Bezzel) im Himmel vom Putzen der Kirche abhält und ihn bittet, ihn die Kunst der Verführung zu lehren: „Wer eine Frau zum Lachen bringt, der hat ihr Herz erobert“, rät Gumberger. Doch der Witz des Todes ist fast schon rührend unbeholfen und so stellt der Boandlkramer ernüchtert fest: „Herrschaftszeiten, ist des kompliziert mit der Liebe!“.

Es gibt viel zu lachen in diesem Film. Gleichzeitig steckt auch viel Melancholie darin, vielleicht auch, weil Sepp Vilsmaier während des Drehs schon schwer an Krebs erkrankt war und ahnte, dass er bald sterben würde. Ein Geheimnis, das nur wenige kannten.

Greifbar wird diese Wehmut etwa, wenn der Boandlkramer wie verzaubert neben Gefi steht und sie bewundert, während sie ihn nicht mal sehen kann, weil er für Menschen erst in der Stunde ihres Todes sichtbar wird. Ein liebender Blick von außen - wie der eines Sterbenden, der das Leben um sich herum betrachtet, das bald ohne ihn stattfinden wird. Nah und doch schon entrückt. Hört sich rührselig an, ist es auch - aber nur ein Stück weit. Vilsmaier inszeniert diese Momente zwar innig und ergreifend, vermeidet aber jede Schwülstigkeit und lockert die Stimmung auch wenig später wieder auf.

Einziger Wermutstropfen ist, dass der Film erst einmal nur gestreamt wird. Für Kinos mit entsprechender Ausrichtung wäre es wichtig gewesen, „das filmische Vermächtnis vom Sepp“ spielen zu können, kritisierte etwa die Gemeinschaft der Kinos in München und Umgebung. Nach Monaten des Stillstands wegen der Pandemie hätte die prominent besetzte Komödie wohl viele Zuschauer in die darbenden Filmtheater gelockt. Auch Co-Produzent Herbig hatte im Winter erklärt, „der Film muss ins Kino, weil wir das dem Joseph einfach schuldig sind“. Im April warb er dann um Verständnis für den Amazon-Start und versprach: „Sobald es wieder möglich ist, wird man den Film auch auf der großen Leinwand sehen können.“