Kultur

Liebe, Politik und Pop-Hits - „Lover“ von Taylor Swift

Freitag, 23. August 2019 - 12:35 Uhr

von Von Lisa Forster, dpa

Taylor Swift singt über die Liebe - aber nicht nur. Foto: Evan Agostini/Invision/AP

Berlin (dpa) - Wie gewohnt bietet die US-amerikanische Musikerin Taylor Swift auf ihrem siebten Album hartnäckig eingängige Radio-Hits. Doch daneben gibt es auf „Lover“ eine bedeutende Veränderung.

Veröffentlicht ein Popstar ein neues Album, geht es nie nur um die Musik. Handelt es sich um die US-amerikanische Musikerin Taylor Swift, gilt das besonders.

In der Vergangenheit hat sie öffentlich Fehden mit Stalkern, Exfreunden oder anderen Musiker(innen) ausgetragen und diese Kämpfe in ihre Popsongs integriert.

Monate vor der Erscheinung ihres neuen Albums „Lover“ hat die 29-Jährige Hinweise gesetzt, welche Themen sie diesmal aufgreifen wird. Das Wichtigste: Zum ersten Mal wird es politisch. Im Vorfeld von „Lover“ hat sich Swift erstmals in ihrer über 13-jährigen Karriere politisch positioniert, sich für die US-Demokraten stark gemacht und sich für das Gleichstellungsgesetz „Equality Act“ engagiert.

Auf dem neuen Album findet sich nun die Single „You Need To Calm Down“, eine Hymne für sexuelle und persönliche Freiheit. Darin fordert die Sängerin Kritiker dazu auf, jeden so sein zu lassen, wie er ist - und kritisiert Menschen, die ihrem Hass auf Twitter freien Lauf lassen. Im Video dazu treten berühmte Dragqueens auf, alles ist in Regenbogenfarben gehalten.

Nicht nur aus diesem Song spricht Kritik an der Politik des US-Präsidenten Donald Trump. In „Miss Americana & The Heartbreak Prince“ singt sie, getarnt als Liebeslied, von der „faded glory“ (etwa: dem verblassten Ruhm) der USA.

Vordergründig geht es in „Lover“ aber um die Liebe. Dazu können sich Swifts Fans an einer ganzen Reihe hartnäckig eingängiger, gut komponierter Pop-Hits erfreuen, die die Musikerin mit mehreren Co-Songwritern geschrieben hat.

Größtenteils sind es optimistische Midtempo-Nummern, die sich bei unterschiedlichen Genres bedienen. Mal bietet das Album gitarrenlastige Retroballaden („Lover“, „Soon You’ll Get Better“), mal orientiert es sich an den Trends der populären Elektromusik, etwa langsamem Dubstep („I Forgot That You Existed“) oder Steel Drums („It’s Nice To Have A Friend“).

Zusammengearbeitet hat Swift unter anderem mit dem Co-Songwriter Jack Antonoff. Sein Einfluss ist in den minimalistischen, manchmal fast schleppenden Beats zu hören, die man von seiner Arbeit für die neuseeländische Popsängerin Lorde kennt. Über die simplen Beats singt Swift mit ihrer hellen, glasierten Cheerleader-Stimme.

Manche der 18 Lieder wären verzichtbar gewesen, allen voran die verzweifelt pfiffige Uptempo-Nummer „Paper Rings“. Doch Songs wie „I Think He Knows“ oder „Miss Americana & the Heartbreak Prince“ zeigen, wo Swifts Stärken liegen: Sie hat einen fast übernatürlichen Sinn für gefällige Popmelodien. Dazu kommt, dass sie Songtexte schreiben kann, die kreativer sind als die vieler anderer Pop-Megastars. Eine üppige Instrumentierung braucht es da nicht mehr.

Wie schon auf ihren Vorgänger-Alben spielt Swift auch auf „Lover“ - das die Musikerin als Liebes-Opus vermarktet - damit, sehr persönliche Elemente ihres Lebens in das Songmaterial zu integrieren. Etwa, wenn sie über ihre Liebe zu einem „London Boy“ singt, unschwer zu erkennen als der britische Schauspieler, den sie gerade datet.

Swift inszeniert sich gerne über eine intime Beziehung zu ihren Fans, die in einer Deluxe-Version ihres Albums auch Kopien aus ihren handgeschriebenen Journalen erwerben können.

Dass Swift - zu deren erklärten Fans früher auch Donald Trump gehörte - sich erst jetzt, auf ihrem siebten Album, politisch positioniert, hat ihr Kritik eingebracht. Manche warfen ihr vor, sich zu Werbezwecken Themen anzueignen, von denen sie als weiße, heterosexuelle Frau keine Ahnung haben kann.

Doch verkaufsfördernde Maßnahme hin oder her: Am Ende ist sie mit ihren Oden an die (Selbst-)Liebe, mit der Kritik an Sexismus oder an der anonymen Hetze in den sozialen Medien für ihr jugendliches Publikum sicher nicht das schlechteste Vorbild.