Kultur

Michelangelos David und der mühsame Sprung in die Moderne

Montag, 14. Januar 2019 - 15:00 Uhr

von Von Annette Reuther, dpa

Die deutsche Direktorin der Galleria Dell'Accademia Cecilie Hoellberg vor Michelangelos David. Foto: Maurizio Degl' Innocenti

Florenz (dpa) - Sie ist in Italiens Museumslandschaft eine Ausnahme. Die Deutsche Cecilie Hollberg leitet die Galleria Dell'Accademia in Florenz und ist somit auch „Chefin“ über Michelangelos David. Ihre Arbeit schwankt zwischen Ärger um Klimaanlagen und einer Kulturrevolution.

Auf dem Chefsessel in einem der wichtigsten Museen Italiens, Michelangelos monumentalen David stets im Blick: Das sollte der ultimative Posten für jeden Kunstliebhaber sein.

Doch es ist auch ein Kampf mit Bürokratie, schlechter Luft und Internet im Schneckentempo. Cecilie Hollberg ist die erste ausländische Direktorin der Galleria Dell'Accademia in Florenz. In den vergangenen drei Jahren hat sie einen Kraftakt geleistet und große Erfolge vorzuweisen.

Angefangen mit den Besucherzahlen. Seit ihrem Amtsantritt sei die Zahl der Besucher von 1,4 Millionen pro Jahr auf 1,7 Millionen gestiegen, sagte Hollberg der Deutschen Presse-Agentur am Montag. „Wir platzen aus allen Nähten. Der Ansturm ist enorm.“ Das bringt nicht nur Vorteile, denn das Museum ist den Massen kaum gewachsen. So bildeten sich immer wieder lange Schlangen am Eingang und es herrsche extremer Platzmangel, erzählte Hollberg.

Obwohl die Galleria Dell'Accademia zu den meistbesuchten Häusern in Italien gehört, seien die Arbeitsbedingungen oft „abenteuerlich“. So sei die Klimaanlage 40 Jahre alt, es gebe keine Garderobe, und die Wasserversorgung habe sie bei ihrem Amtsantritt erst mal verdoppeln müssen - genauso wie das Internet modernisieren. „Ich brauchte erst mal einen Tag, um eine Email zu öffnen.“ Zudem gebe es Probleme mit dem Dach, und sie kämpfe mit Personalmangel. Das Marketing „erledigt alleine der David für mich“, sagte sie mit Bezug auf das Zugpferd des Museums.

Die Ernennung Hollbergs kam in Italien einer Revolution gleich. Denn sie ist die einzige ausländische Frau an der Spitze eines italienischen staatlichen Museums. Neben ihr wurden als Deutsche der Kunsthistoriker Eike Schmidt zum Direktor der Uffizien in Florenz berufen und der Archäologe Gabriel Zuchtriegel zum Direktor der Ausgrabungsstätte Paestum in Süditalien.

Sie wurden im Zuge einer Kulturreform eingesetzt, die die Modernisierung der alten bürokratischen Strukturen in Italiens Museen aufbrechen sollte. „Das Ziel war, die Museen vom 19. ins 21. Jahrhundert zu katapultieren“, sagte sie. „Dass das nicht einfach ist, war klar. (...) Aber das, was auf uns zugekommen ist, war jenseits der Vorstellungskraft.“

Hollberg wurde 1967 geboren. Vor ihrer Berufung nach Italien hat sie im Städtischen Museum in Braunschweig gearbeitet. Als einen ihrer größten Erfolg in Florenz nennt sie das Copyright-Gerichtsurteil, dass Bilder der David-Statue nicht mehr für kommerzielle Zwecke benutzt werden dürfen - war Michelangelos berühmte nackte Statue doch auf Tassen bis Küchenschürzen überall zu finden. Diesem Beispiel könnten nun Denkmäler wie das Kolosseum folgen, sagt Hollberg und spricht von einem „bahnbrechenden“ Urteil.

Wie es mit ihrer eigenen Zukunft aussieht, ist noch unsicher. Der Vertrag läuft bis Ende 2019, wie es danach weitergeht, ist unklar. In Italien hat die Regierung gewechselt, auch die Museumsreform mit den ausländischen Direktoren steht auf dem Prüfstand. „Wir wissen alle nicht, wie es weitergeht. Wir haben nichts Schriftliches in der Hand“, sagte Hollberg.

Eike Schmidt wird sich nicht zuletzt wegen dieser Unsicherheit als Direktor der Uffizien verabschieden, er übernimmt im Herbst die Leitung des Kunsthistorischen Museums in Wien. Ob Hollberg ihren Job in Florenz weiter macht, wenn sie das Angebot bekommt, wollte sie nicht verraten. Sie habe andere Angebote, auch eine Rückkehr nach Deutschland könnte sie sich vorstellen. „Man beginnt mit offenem Fenster zu schlafen.“ Es gebe aber andererseits „viele Dinge, die jetzt so richtig an Fahrt aufgenommen haben.“ Da sei es auch schön, „die Früchte der Arbeit zu ernten“.