Milan Kundera erhält Staatsbürgerschaft zurück

Milan Kundera erhält Staatsbürgerschaft zurück

Milan Kundera im Jahr 2005 in Madrid. Foto: -/efe/epa/dpa

Prag/Paris (dpa) - Prag macht ein Unrecht aus der Zeit des Sozialismus wieder gut: Milan Kundera („Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“) ist nun nicht nur Franzose, sondern auch Tscheche. Seine Frau Vera sehnt sich derweil nach der alten Heimat.

Der in Paris lebende Schriftsteller Milan Kundera hat 40 Jahre nach seiner Ausbürgerung durch die CSSR die tschechische Staatsbürgerschaft wiedererlangt. Der Botschafter des Landes in Frankreich, Petr Drulak, sagte der Zeitung „Pravo“, er habe Kundera die Urkunde am vorigen Donnerstag in dessen Pariser Wohnung überreicht. Dieser habe sich aufrichtig gefreut, sagte der Diplomat. Kunderas „Gefühl der tschechischen Identität“ sei sehr stark.

Die damalige sozialistische Tschechoslowakei (CSSR) hatte dem Schriftsteller nach der Veröffentlichung des Romans „Das Buch vom Lachen und Vergessen“ 1979 die Staatsbürgerschaft entzogen. Kundera lebte da bereits mehrere Jahre im Pariser Exil. Seit 1981 hat der in Brünn (Brno) geborene Autor die französische Staatsbürgerschaft.

„Ich denke, dass Milan und (seine Ehefrau) Vera ihr Leben bilanzieren - was sie erreicht haben, in welchem Umfeld sie leben, wo sie Freunde haben“, sagte Drulak dem Blatt. Kundera, Autor von Bestsellern wie „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“, war im April 90 Jahre alt geworden. Die Idee, ihm die Staatsbürgerschaft zu verleihen, geht auf den tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis zurück, der sich mit dem Schriftsteller vor einem Jahr in Paris getroffen hatte.

In einem seltenen Interview beklagte sich Kunderas Ehefrau Vera jüngst über das Leben in der Emigration. Sie sprach von der größten Dummheit, die ein Mensch in seinem Leben machen könne. „Ich komme mir wie ein Sklave auf einer Plantage vor, der nachts in seinen Träumen in sein Land zurückkehrt“, sagte die frühere Fernsehansagerin dem tschechischen Literaturmagazin „Host“.

Eine Rückkehr hielt sie dennoch für unmöglich und verwies unter anderem auf einen kritischen Artikel aus dem Jahr 2008. Das Prager Nachrichtenmagazin „Respekt“ hatte Kundera vorgeworfen, als Student mit dem kommunistischen Geheimdienst kollaboriert und einen West-Agenten verraten zu haben. Der Schriftsteller wies die Anschuldigungen zurück. „Und niemand hat sich bis heute bei ihm entschuldigt“, beklagte nun seine Gattin. Immerhin eilten damals berühmte Kollegen wie Vaclav Havel zu seiner Unterstützung.

Kundera selbst gibt seit Jahren keine Interviews mehr. Sein Verhältnis zu seiner Heimat gilt als schwierig. Er soll seinen Geburtsort nach der demokratischen Wende von 1989 nur inkognito besucht haben. Als er 1995 den tschechischen Verdienstorden erhielt, nahm seine Frau ihn für ihn entgegen. Viele seiner Werke wie „Die Unwissenheit“ aus dem Jahr 2000 sind bis heute nicht auf Tschechisch erschienen. Als Grund gilt, dass Kundera seit 1993 ausschließlich auf Französisch schreibt und die Übersetzung nicht aus der Hand geben möchte.