Deutsche Firmen in China leiden schwer unter Coronavírus

Deutsche Firmen in China leiden schwer unter Coronavírus

Bis ein Impstoff gegen das Coronavirus gefunden wird, leidet die deutsche Industrie sehr unter den Folgen der Lungenkrankheit. Foto: Arne Dedert/dpa

Peking (dpa) - Die Epidemie kann noch Monate dauern. Deutsche und ausländische Firmen in China ringen mit widersprüchlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Lungenkrankheit, Unterbrechungen der Lieferketten und einem Einbruch der Nachfrage.

Deutsche und andere europäische Unternehmen in China leiden schwer unter der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus.

„Die Auswirkungen sind insgesamt schlimm“, stellten die deutsche und die europäische Handelskammer in China nach einer Umfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen fest.

Fast 90 Prozent berichteten „mittelschwere bis starke Auswirkungen“ durch die Lungenkrankheit. Die Hälfte müsse ihre Geschäftsziele für das Jahr anpassen.

Fast jedes zweite Unternehmen erwarte einen zweistelligen Einbruch ihrer Einnahmen in der ersten Hälfte des Jahres - ein Viertel rechne sogar mit mehr als 20 Prozent Rückgang, berichteten beide Kammern. Ein gutes Drittel hat heute schon Probleme mit seinen Finanzen. Dabei könnte die Krise noch länger dauern als erwartet. Der Chef der Expertenkommission der chinesischen Regierung, Zhong Nanshan, rechnet damit, dass die Epidemie erst „Ende April im Wesentlichen unter Kontrolle sein wird“.

In der Krise sind die größten Herausforderungen für die Firmen unvorhersehbare Vorschriften, stark einschränkende Anforderungen für Quarantäne und weitgehende Voraussetzungen, um den Betrieb nach der verlängerten Pause seit dem chinesischen Neujahrsfest wieder anfahren zu können. Die Hälfte der Unternehmen beklagte uneinheitliche Regelungen in verschiedenen Zuständigkeitsbereichen und Ebenen der Behörden, die sich häufig und auch kurzfristig änderten.

„Der Flickenteppich widersprüchlicher Vorschriften, die der Kampf gegen Covid-19 entstehen ließ, hat Hunderte verschiedener Machtbereiche hervorgebracht, die es nahezu unmöglich machen, Waren oder Menschen in China zu bewegen“, beklagte der Präsident der EU-Kammer, Jörg Wuttke. Während die Eindämmung der Epidemie die wichtigste Aufgabe sei, müssten die Maßnahmen auch vorrangig vereinheitlicht werden, um die Wirtschaft auf die Füße zu bringen.

Beispielsweise könnten Lieferungen vielfältigen beschwerlichen Beschränkungen unterworfen werden, wenn sie verschiedene Provinzen oder Städte oder selbst Bezirke durchqueren müssten. Lieferketten seien unterbrochen. Lagerhäuser funktionierten nicht normal. Es sei schwierig, Beschäftigte wieder zurück in die Stadt zu holen, um die Arbeit wieder aufzunehmen, berichteten die Mitgliedsunternehmen.

„China steht vor einem heiklen Balanceakt mit zwei wichtigen, aber auseinanderlaufenden Zielen: Die Maßnahmen zur Vorbeugung gegen das Virus streng durchzuhalten, während es um eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Normalität kämpft“, sagte Stephan Wöllenstein, Vorsitzender der deutschen Kammer in Nordchina. Für Betroffene, besonders kleine und mittelgroße Unternehmen, sei Unterstützung der Regierung notwendig, bis sich der Betrieb wieder normalisiere.

59 Prozent der befragten Unternehmen leiden nach eigenen Angaben unter „starken Auswirkungen“, während sich weitere 30 Prozent „mittelschwer“ betroffen sehen. So sinke die Nachfrage, wie 56 Prozent der Firmen beklagten. Lieferfristen könnten wegen der Unterbrechung der Logistik nicht eingehalten werden (47 Prozent). Zudem mangele es an Personal (47 Prozent).

Auch verzögere sich die Produktion aus Mangel an Zulieferungen (45 Prozent). Wegen der Unsicherheiten ließen sich keine Geschäfts- oder Investitionsentscheidungen treffen (44 Prozent). Auch fällt es 36 Prozent schwer, ihre Finanzströme aufrechtzuerhalten.

An der Umfrage nahmen zwischen dem 18. und dem 21. Februar insgesamt 577 Mitgliedsunternehmen beider Handelskammern teil - zu zwei Drittel deutsche Unternehmen. Zu knapp einem Viertel sind die Firmen im Maschinen- und Anlagenbau tätig, zu einem Fünftel in der Autobranche.

Die Ergebnisse decken sich in vielen Punkten mit einer Erhebung der amerikanischen Handelskammer in China, die ebenfalls „bedeutende Auswirkungen“ feststellte. Beklagt wurden vor allem die Unterbrechung von Reisemöglichkeiten und verringerte Produktivität. Fast ein Drittel der US-Unternehmen sieht steigende Kosten und stark verringerte Einnahmen.

Fast die Hälfte der rund 150 US-Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligten, hofft auf Steuererleichterungen, um ausländischen Unternehmen zu helfen. Ein Drittel forderte klare und einheitliche Vorgaben. Ein Drittel der befragten US-Firmen erwartet eine Rückkehr zu einem normalen Betrieb bis Ende März, während zwölf Prozent sogar mit Verzögerungen über den Sommer hinaus rechnen.