„Abitur liegt uns am Herzen“

„Abitur liegt uns am Herzen“

Die Flure im Martinum sind wie leer gefegt.

Es ist eine völlig neue Situation – für Lehrer, Eltern und vor allem auch für die Schüler. Seit Mittwoch sind Schulen und Kitas endgültig dicht. Anne Jürgens ist Schulleiterin des Gymnasiums Martinum. Sie erklärt, wie der Unterricht nun läuft und ob die anstehenden Abiturprüfungen auf der Kippe stehen...

Frau Jürgens, ist das Gymnasium Martinum nun zu einer Geisterschule geworden oder ist noch etwas Leben darin?

Anne Jürgens: Ich bin zurzeit wegen einer Erkältung zu Hause im Homeoffice, aber ansonsten wäre ich noch vor Ort. Aber das Sekretariat ist während der Schließung besetzt und auch ich bin per Telefon und E-Mail erreichbar, ebenso die übrigen Lehrkräfte.

Also läuft kein Schüler über die Gänge?

Nein. Es werden an unserer Schule keine Schüler notbetreut. Es gab keinerlei Anfragen von Eltern. Bis Dienstag hatten die Kinder noch die Möglichkeit, sich Materialien und Unterlagen aus der Schule zu holen, damit sie ihre Aufgaben in den nächsten Tagen und Wochen zuhause erledigen können. Auch jetzt ist das noch möglich, aber nur nach telefonischer Anfrage im Sekretariat.

Gibt es nun Unterricht via Skype oder über andere digitale Angebote?

Wir arbeiten in der Sekundarstufe I mit digitalen OneNote-Kursnotizbüchern. Die Klassenlehrer laden am Vorabend des Tages, an dem der eigentliche Unterricht stattfinden sollte, entsprechendes Material hoch. In der Sekundarstufe II arbeiten wir auch mit anderen Office-Apps. Die Programme nutzen wir als Lernplattformen. Dort können die Schüler ihre erledigten Aufgaben wieder hochladen und bekommen dann Rückmeldung von dem entsprechenden Lehrer. Es wurde abgefragt, ob bei allen der Lernplattform-Zugang funktioniert.

Also werden die Aufgaben bewertet und möglicherweise Noten für das Zeugnis im Sommer abgeleitet?

Wir arbeiten erst seit einer Woche mit diesem System. Es ist noch zu früh, um konkrete Aussagen darüber zu treffen. Wir sammeln ja erst noch Erfahrungen. Mit einem gewissen Augenmaß sollen die Aufgaben aber bewertet werden. Zum Ende der ersten „Homeschooling“-Woche machen wir eine digitale Umfrage, ob alles läuft oder ob wir nachsteuern müssen.

Was, wenn ein Schüler krank wird?

Dann müssen die Eltern ihre Kinder krank melden. Darüber sind sie aber auch in entsprechenden Elternbriefen informiert.

Was ist, wenn Schüler für den Deutschunterricht die Lektüre nicht passend bekommen, weil wegen der Corona-Krise der Einzelhandel bzw. Lieferketten zusammenbrechen?

Auch das wird – wie gesagt – mit gewissem Augenmaß gewertet und wir müssen auf die jeweilige konkrete Situation reagieren. Wir stehen in dieser dynamischen Zeit vor Fragen und Problemen, über die ich vor einer Woche noch nicht einmal nachgedacht habe. Ich hätte es mir auch nicht träumen lassen, dass die Schulen komplett geschlossen werden.

Stehen die anstehenden Abiturprüfungen wegen Corona auch auf der Kippe?

Es ist noch einiges unklar. Das Zentralabitur ist Ländersache und deshalb warten wir auf landesweite Regelungen. Wenn in Bezug auf Klausuren und Klassenarbeiten keine Regelungen durch das Ministerium für Schule und Bildung kommen, gibt die Bezirksregierung Münster die Marschrichtung vor. Erstmal stand aber wohl das Thema Notbetreuung auf der Agenda, danach wollte man sich um das Abitur kümmern.

Was wäre in Ihren Augen nun der Worst-Case, der eintreten könnte?

Noch vor zwei Wochen haben wir in der Schulgemeinschaft darüber diskutiert, Stufen- und Klassenfahrten abzusagen. Heute käme keiner mehr auf die Idee, zu verreisen. Wir haben vorausschauend gehandelt, aber man vermag sich gar nicht auszumalen, was noch alles auf uns zukommen kann. Was uns am Herzen liegt, ist, dass das Abitur möglichst normal über die Bühne geht.

Erst in wenigen Wochen wären die Osterferien angefangen – manche Schüler glauben, dass sie jetzt schon Ferien hätten, und treffen sich mit Freunden in der Stadt. Was halten Sie davon?

Das halte ich für höchst problematisch. Ich appelliere eindringlich, nicht leichtsinnig seine eigene Gesundheit und die der anderen Menschen zu gefährden. Wir sollten alles tun, das Virus auszubremsen. Ich verstehe, dass es für alle eine neue Situation ist, an die man sich gewöhnen muss; und das dauert seine Zeit. Aber für Corona-Partys habe ich kein Verständnis. Aber ich hoffe sehr, dass sich unsere Schüler verantwortungsvoll und vernünftig verhalten.