„Die Ansteckungsgefahr ist doch hoch“

„Die Ansteckungsgefahr ist doch hoch“

Die Notbetreuung in Kitas und Schulen wird in Neuenkirchen kaum in Anspruch genommen. Dennoch: In den Gruppen kommen bis zu fünf Kinder plus Erzieher oder Lehrer zusammen. Eine Mutter sieht darin ein „hohes Ansteckungsrisiko“. „Es ist die Frage nach den Alternativen“, sagt der Caritas-Sprecher.

Es sind nicht viele Kinder, die in Neuenkirchen die „Notbetreuung“ in Anspruch nehmen: acht Kinder in den Kitas, fünf Kinder im Offenen Ganztag der Schulen und ein Kind bei einer Tagesmutter. Diese Zahlen nannte das Rathaus am Dienstag auf Anfrage. Aber es könnten mehr werden. Denn seit Anfang der Woche reicht es für einen Platz in der Notbetreuung auch, wenn nur ein Elternteil in einem „systemrelevanten Beruf“ unabkömmlich ist; bisher galt das für beide Elternteile. Angelique Seidel ist darüber gar nicht glücklich. Sie fürchtet ein höheres Infektionsrisiko für ihre drei Kinder.

Arbeit in „systemrelevanten Berufen“

Die 35-jährige Mutter arbeitet als ambulante Altenpflegerin bei einem Pflegedienst in Emsdetten. Ihr Mann Sebastian (38) ist Verkaufsfahrer für Lebensmittel. Beide Elternteile gehen damit „systemrelevanten Berufen“ nach – alle Berufe, die zur Versorgung der Bevölkerung dienen (siehe ganz unten). Für ihre drei Kinder haben sie daher die nach den Schulschließungen wegen der Corona-Gefahr eine Notbetreuung ihrer Kinder beantragt: zwei Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren in der Kita („Pusteblume“ der Caritas und „Buchenbande“ des Jfd), ein Kind im Alter von neun Jahren in der Ludgeri-Grundschule.

„Es ist ja gut, dass es dieses Angebot gibt. Aber es ist auch nicht durchdacht. Die Ansteckungsgefahr ist in dieser Notbetreuung doch groß“, sagt Angelique Seidel. Und sie erläutert ihre Bedenken: In den Notgruppen kommen Kinder und Betreuer zusammen. Allein das sei ja nach jüngster Ordnungsverfügung verboten, höchstens zwei Personen sollen demnach zusammenkommen. „Das ist ja ein Widerspruch“, sagt Angelique Seidel. Und sie befürchtet weiterhin: „Die Kinder stammen häufig auch noch aus Haushalten, in denen Eltern in gefährdeten Berufen arbeiten“, sagt Seidel. So wie sie in der Altenpflege, vielleicht auch Ärzte oder Krankenpfleger.

„Ideal ist das nicht“

Sie und ihr Mann hätten es zunächst mit einer Betreuung der Kinder bei den Großeltern versucht, die direkt nebenan wohnen. „Sie sind mit 56 und 58 Jahren zwar noch jung. Aber es wird ja mittlerweile davor gewarnt, die Kinder zu den Großeltern zu geben“, sagt Angelique Seidel. Daher habe das Ehepaar für diese Woche erstmals die Notbetreuung für die Kinder beantragt. „Ideal ist das nicht“, sagt die Mutter.

Für die Einrichtung der Notbetreuung ist der Kreis Steinfurt zuständig. Pressesprecherin Kirsten Weßling antwortet auf eine Anfrage der MV: „Die Vorgabe ist: maximal fünf Kinder in den bekannten, also üblichen Kita-Gruppen und Schulklassen, um keine neuen Infektionsketten aufzumachen. Anders ist es nicht möglich. In einzelnen Gruppen sind dann auch nur ein oder zwei Kinder.“

Die Caritas Rheine betreibt zwei Kitas in Neuenkirchen (Abenteuerland und Pusteblume). Stefan Gude, Sprecher des Caritas-Verbandes, sieht das Risiko auch. „Wir stehen hier vor Problemen, die wir vor zwei Wochen noch für undenkbar hielten.“ Das Ziel sei es, das Leben in relevanten Bereichen aufrecht zu erhalten. Die Genehmigung der Notbetreuung sei schon eng gefasst, um die Zahlen möglichst niedrig zu halten. „Auch wir wollen unsere Mitarbeiter so gut es geht schützen“, sagte Gude. „Es ist eine Abwägung, manchmal gibt es aber auch keine Alternative.“