Politik Inland

Befragung unter Schulleitern: Note 4+ für Schulpolitik

Freitag, 22. März 2019 - 12:36 Uhr

von Von Bettina Grönewald, dpa

55 Prozent der über 1200 befragten Schulleiter nennen Lehrermangel als größtes Problem. An ihren Schulen ist demnach im Schnitt jede neunte Lehrerstelle nicht besetzt. Foto: Julian Stratenschulte

Düsseldorf (dpa) - Bildung, Erziehung, Integration, Inklusion - Schule hat viele Aufgaben zu erfüllen. Schulleiter sehen sich vor wachsende Probleme gestellt, zumal immer mehr Seiteneinsteiger ohne pädagogische Vorkenntnisse in den Unterricht springen.

Lehrermangel, zu viele unqualifizierte Seiteneinsteiger und ein ständig wachsendes Aufgabenspektrum sind Hauptprobleme der Schulleiter in Deutschland.

Wie aus einer repräsentativen Befragung für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) hervorgeht, haben sich die Probleme seit der Vorjahresstudie kaum verändert, teils sogar verschlechtert. Beim Schulleiterkongress in Düsseldorf kamen besorgniserregende Befunde auf den Tisch.

LEHRERMANGEL: 55 Prozent der über 1200 befragten Schulleiter nennen Lehrermangel als größtes Problem (2018: 57 Prozent). An ihren Schulen ist demnach im Schnitt jede neunte Lehrerstelle nicht besetzt.

INKLUSION und INTEGRATION: Gut jeder vierte Rektor oder Direktor fühlt sich mit der Eingliederung behinderter und ausländischer Schüler überfordert - mit steigender Tendenz. Das Thema landete auf Platz 2 der Problemskala.

BELASTUNGEN: Als größte Belastungsfaktoren in ihrem Alltag nennen die Schulchefs - wie schon bei der ersten Studie im Vorjahr - das stetig wachsende Aufgabenspektrum (91 Prozent), zunehmende Verwaltungsaufgaben (88 Prozent) und praxisferne Entscheidungen der Politik (86 Prozent) - ebenfalls mit steigender Tendenz.

SEITENEINSTEIGER: 45 Prozent der Schulleiter geben an, bei ihnen unterrichteten Seiteneinsteiger ohne Lehramtsqualifikation. Das sind deutlich mehr als vor einem Jahr (37 Prozent). In zwei Drittel dieser Schulen sind Seiteneinsteiger beschäftigt, die vor ihrem ersten Unterrichtseinsatz keine systematische, pädagogische Vorqualifikation erhalten haben. „Hier setzt sich eine Abwärtsspirale in Gang, die bald nicht mehr aufzuhalten ist“, warnt VBE-Chef Udo Beckmann. „Die jahrelange Fehlplanung und das maßlose Draufsatteln von Aufgaben rächen sich jetzt.“ Vor allem für Kinder aus schwierigem Milieu, die auf professionelle Lehrer mit viel pädagogischem Geschick angewiesen seien, sei die Entwicklung schlecht.

GEWALT: Jeder achte Schulleiter hat generell ein Problem mit dem Verhalten seiner Schüler. Geklagt wird über Defizite bei Disziplin und Lernwillen sowie über Verhaltensauffälligkeiten. Das Thema Gewalt nennt hingegen nur einer von 100 Befragten.

NOTE: Die Gesamtbewertung der deutschen Schulpolitik landet laut VBE bei einer 4+ (3,7) - im Vergleich zum Vorjahr eine minimale Verbesserung um ein Zehntel.

EMPFEHLUNG: Mehr als jeder fünfte Schulleiter würde seinen Beruf „auf keinen Fall“ oder „wahrscheinlich nicht“ weiterempfehlen. Etwa genauso viele würden das aber „auf jeden Fall“ tun. Jeder Zweite beantwortete die Frage nach der Berufsempfehlung mit „wahrscheinlich“.

MOTIVATION: Trotz allem sagen fast alle Schulleiter, sie übten ihren Beruf sehr gern oder eher gern aus. Vor allem von ihren Kollegen fühlen sie sich unterstützt. Vom Schulministerium sagt das nur jeder Zehnte.

GESUNDHEIT: Gut jeder dritte Schulleiter gab an, dass die Zahl derer, die aufgrund psychischer Erkrankungen ausfielen, in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Die meisten registrierten allerdings keine Veränderung.