Britischer Parlamentspräsident John Bercow gegen Johnson

Britischer Parlamentspräsident John Bercow gegen Johnson

Dieses vom House of Commons zur Verfügung gestellte Foto zeigt John Bercow, Parlamentspräsident von Großbritannien, bei der Verkündung der Alternativen zum Brexit-Abkommen, die am Mittwochabend im britischen Parlament zur Abstimmung stehen. Foto: House Of Commons/PA Wire

London (dpa) - Trotz Sommerpause des britischen Parlaments wird heftig um den EU-Austritt gerungen. Nun hat sich Parlamentspräsident John Bercow eingeklinkt und droht indirekt Premierminister Boris Johnson.

Angesichts eines drohenden EU-Austritts ohne Abkommen will der britische Parlamentspräsident John Bercow das Unterhaus nicht durch Premierminister Boris Johnson aushebeln lassen.

Dafür werde er „bis zum letzten Atemzug kämpfen“, sagte Bercow dem „Guardian“ (Mittwoch) zufolge auf einer Veranstaltung im schottischen Edinburgh.

„Und sollte es einen Versuch geben, das Parlament zu überlisten, zu umgehen oder - Gott behüte - zu schließen, dann wäre das für mich ein Gräuel“, betonte Bercow. Johnson hatte ausdrücklich nicht ausgeschlossen, notfalls dem Parlament eine Zwangspause aufzuerlegen und es so zeitweise handlungsunfähig zu machen.

Das Parlament ist laut Bercow in der Lage, einen Brexit ohne Abkommen zu verhindern. Wie das funktionieren soll, verriet er aber nicht. Die Abgeordneten sind über den EU-Austritt heillos zerstritten. Johnsons Vorgängerin Theresa May war dreimal mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Abkommen im Unterhaus durchgefallen.

Der Parlamentspräsident hat sich in Großbritannien und anderen Ländern zur Kultfigur gemausert - und er spielt im Streit um den EU-Austritt eine wichtige Rolle. Kritiker werfen ihm aber vor, die Neutralität seines Amts zugunsten der Brexit-Gegner zu verletzen.

Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen. Er droht mit einem No-Deal-Brexit, sollte sich Brüssel nicht auf seine Forderung nach Änderungen an dem zwischen May und Brüssel ausgehandelten Abkommen einlassen. Dies lehnt die EU aber ab. Eine ungeregelte Trennung von der Staatengemeinschaft würde die Wirtschaft und zahlreiche andere Lebensbereiche erheblich schädigen.

Johnson will den vereinbarten Backstop im Abkommen streichen. Diese Garantieklausel soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Johnson sieht in der Klausel ein „Instrument der Einkerkerung“ Großbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt.