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Freudentränen in Vilnius: Familientreffen à la Steinmeier

Dienstag, 30. Mai 2023 - 03:29 Uhr

von dpa

Ehefrauen umarmen auf dem Flughafen von Vilnius ihre Ehemänner, die als Bundeswehrsoldaten in Litauen stationiert sind. Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin/Vilnius (dpa) - Erst eine feste Umarmung, dann ein inniger Kuss und schließlich ein paar Freudentränen - auf dem Rollfeld des Flughafens in der litauischen Hauptstadt Vilnius spielen sich am Montagabend freudige Szenen ab.

Während die Sonne gerade orange-rot versinkt, sehen zwölf hier stationierte Bundeswehr-Soldaten erstmals seit Monaten ihre Ehefrau, ihre Mutter oder ihr Kind wieder. „Ich find' das cool. Nach vier Monaten quasi nur per Bild ist das schon ein tolles Gefühl“, sagt Hauptmann Patrik Huch, der mit seiner Frau Mareike in dieser langen Zeit nur per Video-Chat gesprochen hat.

Dass sie sich nun vor dem kurz zuvor gelandeten Luftwaffen-Airbus wieder in den Armen halten können, haben die Soldaten und ihre Familienangehörigen dem Bundespräsidenten zu verdanken. Frank-Walter Steinmeier ist nach Vilnius gekommen, um anlässlich des 700-jährigen Stadtjubiläums bei einer Konferenz zu den deutsch-litauischen Beziehungen eine Rede zu halten. Er wollte die Gelegenheit nutzen, um nicht nur den hier stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten für ihren Einsatz zu danken, sondern auch ihren Angehörigen zuhause.

Die Soldatinnen und Soldaten würden dafür wertgeschätzt, was sie zum Schutz von Freiheit und Demokratie leisteten, sagt Steinmeier, als er im Regierungsterminal des Berliner Flughafens am Montagabend die Angehörigen erstmals trifft. Vielleicht habe man bisher aber nicht genügend berücksichtigt, dass dies seine Voraussetzungen habe. „Und die Voraussetzungen liegen zu einem großen Teil bei Ihnen, werden zuhause gelegt.“ Er wisse, wie viel sich für die Familien verändere, wenn zum Beispiel der Mann in einen Auslandseinsatz geschickt werde.

Mareike Huch freut sich zwar auf ihren Mann, findet aber das ganze Drumherum mit dem Bundespräsidenten „noch einen Tick aufregender“, wie sie vor dem Abflug lachend sagt. „Die Reise ist aufregender als meinen Mann zu treffen, weil den kenne ich. Da weiß ich ja, was mich erwartet.“ Regulär würde sie ihren Mann erst Anfang/Mitte August wiedersehen - dass sie jetzt zumindest für rund 24 Stunden mit ihm vereint ist, lässt sie später auf dem Rollfeld aber doch strahlen.

Die Bundeswehr führt im litauischen Rukla einen multinationalen Gefechtsverband, der dem Schutz der Nato-Ostflanke gegen eine mögliche russische Aggression dient. Sie sind in der Regel ein halbes Jahr lang in dem baltischen Staat stationiert und werden dann durch andere Einheiten ersetzt. Derzeit sind hier rund 760 Soldatinnen und Soldaten stationiert, die überwiegend vom Panzergrenadierbataillon 401 in Hagenow (Mecklenburg-Vorpommern) kommen.

Dass ihre Männer und Frauen, Väter und Mütter, Söhne und Töchter in Rukla nur rund 100 Kilometer von der russischen Grenze entfernt stationiert sind, sehen die Angehörigen relativ gelassen. „Für uns als Familie ist das ein beruhigenderer Standort als die Zeit, wo mein Mann in Afghanistan war“, sagt Yvonne Haase. „Da war mehr Sorge, größere Angst.“ In diesen vier Monaten im Jahr 2010 sei die Lage einfach gefährlicher und die Kommunikation viel schwieriger gewesen. Heute habe sie, das Gefühl, ihr Mann sei ein bisschen greifbar. „Wir sind 883 Kilometer voneinander getrennt. Ich sage immer: Mensch, Schatz, in zwölf Stunden könnte ich da sein, wenn etwas ist.“

Ilona Hufschmidt besucht gleich zwei Angehörige - ihre Tochter und ihren Schwiegersohn, die jetzt beide hier in Litauen Dienst tun. Sie hat sie zuletzt im Februar gesehen. „Wir haben immer die Angst im Hinterkopf, dass das umschlagen kann“, sagt sie zur möglichen Bedrohung durch Russland. Aber richtig Angst um ihre Tochter und ihren Schwiegersohn hat sie nicht. „Solange Putin die Füße still hält, ist alles gut.“

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