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Gletschersturz in Dolomiten: Noch viele Vermisste

Klimawandel

Montag, 4. Juli 2022 - 11:40 Uhr

von dpa

Der Gletscher in der Marmolada-Kette in den italienischen Alpen, von dem am Sonntag ein großes Stück abgebrochen ist. Foto: Autonomous Province Of Trento/Autonomous Province Of Trento/AP/dpa

Rom/Bozen (dpa) - Nach dem folgenschweren Gletschersturz in Norditalien geht das Auswärtige Amt davon aus, dass Deutsche in das Unglück involviert sind.

Nach bisherigem Stand handle es sich um zwei Personen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Weitere Angaben machte das Auswärtige Amt zunächst nicht. Der Honorarkonsul in Bozen und die deutsche Botschaft in Rom stünden im ständigen Austausch mit den italienischen Behörden, hieß es weiter.

Am Sonntag brachen am Berg Marmolata in den Dolomiten Eis, Schnee und Felsen ab und verschütteten mehrere Bergsteiger. Mindestens sechs Menschen starben.

Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge galten am Montag fast 20 Menschen als vermisst. Auf dem Parkplatz am Fuße des Bergmassivs, von dem die Aufstiegswege los gehen, wurden 16 Autos gezählt, deren Halter noch nicht ausfindig gemacht wurden.

„Wir wissen noch nicht, ob die Wagen den toten oder vermissten Personen gehören oder Leuten, die nichts mit dem Unfall zu tun haben“, sagte der Regionalpräsident von Trentino-Südtirol, Maurizio Fugatti. Bis zu 14 Bergsportler wurden bei der Bergkatastrophe verletzt.

Die Such- und Bergungsarbeiten an der Marmolata waren am Sonntagabend unterbrochen worden, weil die Gefahr bestand, dass weitere Eisblöcke abgehen könnten. Das gesamte Gebiet rund um den Gletscher wurde für die Öffentlichkeit gesperrt. Ministerpräsident Mario Draghi drückte den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid aus und ließ sich über die Rettungsmaßnahmen und die Ermittlungen auf dem Laufenden halten.

Extrembergsteiger und Umweltschützer Reinhold Messner sieht in dem Unglück eine Folge des Klimawandels und der Erderwärmung. „Diese fressen die Gletscher weg“, sagte der 77-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

An den Abbruchkanten der Gletscher bilden sich dann sogenannte Eistürme - Seracs genannt - „die so groß sein können wie Wolkenkratzer oder Häuserzeilen“, erklärte Messner. Vorfälle wie an der Marmolata „werden wir häufiger sehen“, prognostizierte er, denn „heute gibt es viel mehr Fels- und Eisabbrüche als früher“.

Und diese können dann furchtbare Folgen haben wie am Sonntag auf dem Massiv an der Grenze zwischen den Regionen Trentino-Südtirol und Venetien. Der sichtlich geschockte Bergretter Luigi Felicetti berichtete von dem Einsatz: „Als wir vor Ort ankamen, bot sich uns ein unglaubliches Bild. Überall lagen Eisblöcke und riesige Steine.“

Die Nachrichtenagentur Ansa zitierte Ermittler, wonach sich an dem Berg ein „unvorstellbares Blutbad“ abgespielt habe, nach dem „es schwer sein wird, die Identität der Opfer festzustellen, denn die Körper wurden zerstückelt“ von den Eis- und Steinbrocken.

© dpa-infocom, dpa:220704-99-897452/9