Politik Inland

Junge CDU-Politiker wollen starken Staat mit „Leitkultur“

Montag, 17. Februar 2020 - 12:16 Uhr

von dpa

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor will die 20 Jahre alte Debatte um eine deutsche „Leitkultur“ neu beleben. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Berlin (dpa) - Sie sind konservativer und jünger als der CDU-Durchschnitt. Der CDU-Abgeordnete Wendt will das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst aufheben. Sein Fraktionskollege Amthor pocht auf eine strenge Befolgung der deutschen „Hausordnung“.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor will die 20 Jahre alte Debatte um eine deutsche „Leitkultur“ neu beleben. Sein sächsischer Fraktionskollege Marian Wendt (34) plädiert dafür, den Föderalismus einzuschränken.

Auch die Trennung zwischen Geheimdienst und Polizei will er teilweise abschaffen: um Terrorismus und Extremismus effektiver zu bekämpfen. Beide Vorschläge sind umstritten - zum Teil auch in der CDU.

Die Diskussion über „unsere „Hausordnung““ verdiene ebenso viel politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit wie die Frage der Migration, schrieb der 27-Jährige Amthor in einem Beitrag für den an diesem Montag erschienenen Sammelband „Eine Politik für Morgen. Die junge Generation fordert ihr politisches Recht.“ (Herder Verlag). Das Grundgesetz allein reiche dafür nicht aus.

Integration sei aus seiner Sicht die „Eingliederung“ in eine „von unserer Leitkultur geprägte Gesellschaft“, stellte der Innenpolitiker fest, der seine Kandidatur für den Landesvorsitz der CDU in Mecklenburg-Vorpommern angekündigt hat. Denn es habe sich gezeigt, dass das von Politikern aus dem linken Spektrum jahrelang propagierte „Multikulti“-Konzept eben kein „buntes Straßenfest“ sei, sondern „Parallelgesellschaften“, kriminelle Familienclans und andere „dunkle Nebenstraßen“ befördert habe.

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, hielt dagegen. Er schrieb bei Twitter: „Unsere #Leitkultur ist das Grundgesetz, das Freiheitsrechte des Einzelnen schützt.“ Deutschland brauche jetzt Sachpolitik und keine Debatte, „die keines unserer Probleme lösen wird“.

Amthor hielt fest, er wünsche sich auch eine offene Diskussion über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht. Diese könnte den „patriotischen Zusammenhalt und die Identifikation mit dem Staat erhöhen“.

Den Begriff der „Leitkultur“ hat der Politologe Bassam Tibi geprägt. Der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz hatte im Jahr 2000 gefordert, Zuwanderer müssten sich an die deutsche Leitkultur anpassen, die Sprache lernen, die Verfassungstradition und die gleichberechtigte Stellung der Frau in der Gesellschaft akzeptieren. Damit hatte er damals eine große Kontroverse ausgelöst. Vertreter von Migrantenverbänden wollen die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund als Staatsziel in der Verfassung verankert sehen. Sie halten ein Leitbild von Deutschland als „vielfältiges Einwanderungsland“ für sinnvoller als den Begriff Leitkultur.

Wendt sprach sich in seinem Beitrag für den Sammelband dafür aus, die strikte Trennung zwischen Polizei und Nachrichtendienst, das sogenannte Trennungsgebot, aufzuheben. Diese Trennung sei zwar vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen aus der NS-Zeit verständlich. Angesichts der aktuellen Bedrohungslage sei diese Regel aber nicht mehr zeitgemäß.

Das Gleiche gelte für den Föderalismus, der sich „zur größten Schwäche in der Gewährleistung der inneren Sicherheit“ entwickelt habe. Hier gehe es nicht darum, die örtliche Polizeistation abzubauen, sondern eine Struktur zu schaffen, „die auf allen Ebenen jeglichen Gefahren effizient und zügig begegnen kann“. Der sächsische Abgeordnete warf der Linkspartei und der AfD vor, sie leisteten der Radikalisierung Vorschub, „indem sie - zumeist in vollem Bewusstsein - durch Sprache und Tonalität Einzelpersonen und Gruppen „anstacheln““.

In der Frage von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur ist die Junge Union gespalten. Sowohl der frühere Unionsfraktionsvorsitzende Friedrich Merz als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn haben in der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU viele Unterstützer.