Topthemen
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Wolodymyr Selenskyj
Ukrainische Soldaten zielen mit einer Flugabwehrrakete auf die Frontlinie bei Bachmut. Foto: Alex Babenko/AP/dpa
Kiew (dpa) - Nach dem Erhalt der ersten US-Panzer vom Typ Abrams hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zuversichtlich mit Blick auf weitere Militärhilfen gezeigt. Die USA vereinbarten derweil einen Milliardenkredit für die Modernisierung des Militärs im EU-Land Polen, das an die Ukraine grenzt. In Sewastopol auf der von Russland annektierten Krim gab es erneut Explosionen, und Moskau meldete weitere ukrainische Drohnenangriffe im grenznahen Gebiet Kursk. Die Ukraine verteidigt sich seit nunmehr 19 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg.
„Wir arbeiten auch daran, alle anderen militärischen Fähigkeiten zu bekommen, die wir brauchen“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Dazu zählten Kampfflugzeuge vom Typ F-16, Flugabwehrsysteme sowie Langstreckenwaffen, fügte er hinzu. „Um unser gesamtes Staatsgebiet abzudecken brauchen wir mehr Systeme, als wir derzeit haben.“ Die Ukraine hofft unter anderem auf Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland. Bislang gibt es aus Berlin allerdings keine Zusage.
Früher am Tag hatte der Staatschef bekannt gegeben, dass die ersten Abrams-Panzer in der Ukraine eingetroffen seien. Insgesamt haben die Vereinigten Staaten die Übergabe von 31 Kampfpanzern an das von Russland angegriffene Land angekündigt.
Die USA trafen unterdessen eine Vereinbarung über einen Milliardenkredit zur Modernisierung des polnischen Militärs. Das US-Außenministerium gab bekannt, Polen solle ein Direktdarlehen in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar (1,89 Milliarden Euro) erhalten.
„Polen ist ein treuer Verbündeter der Vereinigten Staaten, und Polens Sicherheit ist für die kollektive Verteidigung der Ostflanke der Nato von entscheidender Bedeutung“, hieß es zur Begründung. Polen arbeitet angesichts des Krieges im Nachbarland Ukraine und der Bedrohung durch Russland daran, das eigene Militär aufzurüsten.
Die russische Luftabwehr hat offiziellen Angaben zufolge am späten Abend insgesamt vier ukrainische Drohnenangriffe über dem Gebiet Kursk nahe der ukrainischen Grenze abgewehrt. Zwei Drohnen seien gegen 22.30 Uhr Ortszeit (21.30 Uhr MESZ) zerstört worden, zwei weitere etwa eine halbe Stunde später, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau in der Nacht bei Telegram mit. Das Ministerium sprach von vereitelten Terroranschlägen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.
Bereits am Sonntag war die Gebietshauptstadt Kursk mit Drohnen angegriffen worden. Eine soll das Gebäude des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB getroffen haben, eine zweite eine Ölraffinerie, wie Medien in Kiew unter Berufung auf den ukrainischen Militärgeheimdienst meldeten. Das Gebiet Kursk teilte offiziell mit, eine Drohne habe geringen Schaden am Dach eines Verwaltungsgebäudes angerichtet.
Moskau hat in den vergangenen Wochen immer wieder von ukrainischen Drohnenangriffen berichtet. Diese stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den massenhaften Attacken Russlands in seinem Angriffskrieg gegen das Nachbarland.
Bei erneuten russischen Drohnenangriffen wurden zwei Menschen außerdem im Gebiet Odessa unweit der Grenze zum EU-Land Rumänien verletzt. „Im Landkreis Ismajil gab es Einschläge in der Hafeninfrastruktur“, teilte der Militärgouverneur von Odessa, Oleh Kiper, nach den Angriffen in der Nacht mit.
Bei den Verletzten handle es sich um Lastwagenfahrer. Einer sei vor Ort behandelt worden, der zweite habe wegen einer schweren Handverletzung ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Kipers Angaben nach wurden Lagerhäuser und knapp 30 Lastwagen beschädigt. Sechs Fuhrwerke seien völlig ausgebrannt.
Die ukrainische Luftwaffe berichtete am Morgen von insgesamt 38 Kamikaze-Drohnen, die Russland in der Nacht von der seit 2014 besetzten Halbinsel Krim aus in Richtung Ukraine gestartet habe. 26 davon seien abgeschossen worden.
Nach dem ukrainischen Angriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte gab es auf der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim erneut Explosionen. Nach Angaben des russischen Besatzungschefs des Gebiets, Michail Raswoschajew, soll es sich um eine „kontrollierte Sprengung“ am schwer beschädigten Gebäude in der Stadt Sewastopol gehandelt haben. Unabhängig ließ sich das nicht überprüfen. Später am Abend berichtete Raswoschajew, die Luftverteidigung habe eine ukrainische Rakete abgefangen.
Aus Angst vor russischen Luftangriffen bringen die ukrainischen Getreide-Transporteure seit Wochen immer wieder nachts ihre Schiffe vorübergehend am rumänischen Ufer des Donau-Arms Chilia unter, der die Grenze zur Ukraine bildet.
Diese Schutzmöglichkeit hätten Diplomaten der EU und der USA im August mit rumänischen und ukrainischen Behörden ausgehandelt, sagte der Direktor des rumänischen Schwarzmeer-Hafens Constanta, Florian Vizan, der Deutschen Presse-Agentur. Er sei bei diesen Gesprächen dabei gewesen.
Das Umladen von Getreide auf ukrainischer Seite von einem Schiff auf das andere müsse oft wegen drohender Angriffe unterbrochen werden. „Die Ukrainer bringen ihre Schiffe dann sicherheitshalber vorübergehend auf die rumänische Seite“, sagte Vizan. Deswegen dauerten die Getreideexporte derzeit so lange.
© dpa-infocom, dpa:230926-99-333550/5