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Laschets Baustellen

Parteien

Montag, 25. Januar 2021 - 11:16 Uhr

von Von Jörg Blank, dpa

Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender, nimmt am Online-Parteitag der CDU Baden-Württemberg teil. Foto: Marijan Murat/dpa-Pool/dpa

Berlin (dpa) - Gut eine Woche nach seiner Wahl kommt der CDU-Vorsitzende Armin Laschet erstmals mit seiner neuen Parteispitze zusammen. Er und die CDU stehen im Superwahljahr vor riesigen Herausforderungen. Es sind große Baustellen, vor denen Armin Laschet als neuer CDU-Chef steht.

Gut möglich, dass die größten davon wie der sprichwörtliche weiße Elefant im virtuellen Sitzungsraum stehen, wenn an diesem Montagvormittag die neugewählten Spitzengremien der Partei zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammenkommen. Zuerst tagt das Präsidium, der engste Führungszirkel um den Vorsitzenden, danach das größere Präsidium. Wie wird die Stimmung nach der knappen Stichwahl-Entscheidung auf dem Online-Parteitag am 16. Januar sein?

Auf den 59-jährigen Laschet warten eine Menge Herausforderungen neben den Aufgaben als Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes und dem Kampf gegen die Corona-Pandemie. Eine Übersicht:

- Die FM-Frage: Zwar hat Laschet bei der abschließenden Briefwahl mit mehr als 80 Prozent Zustimmung dann doch noch breite Rückendeckung bekommen. Doch kann er den im Kampf um die Parteispitze knapp unterlegenen Friedrich Merz (Kürzel: FM) - Liebling des Wirtschaftsflügels und vieler Konservativer - einbinden und eine Spaltung der CDU zum Start ins Superwahljahr verhindern?

Merz hatte selbst viele Anhänger düpiert, als er noch auf dem Parteitag von Laschet verlangte, dieser solle dafür sorgen, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihn als Wirtschaftsminister ins Kabinett hole. Dabei ist allgemein bekannt, dass Merkel und Merz tiefe Abneigung verbindet.

Der 65-jährige Merz hat daraufhin zwar angekündigt, helfen zu wollen, die nächsten Wahlen zu gewinnen. Doch offen ist weiterhin die Frage: In welcher Funktion? Merz hatte sein Hilfsangebot mit der Bemerkung verbunden, das gehe „in den nächsten Monaten auch ohne politisches Amt“. War das ein Wink mit dem Zaunpfahl an Laschet, ihn als Wirtschaftsfachmann in ein mögliches Schattenkabinett zu holen, sollte der CDU-Chef tatsächlich Kanzlerkandidat werden?

Für Laschet böte ein solcher Schachzug nach Einschätzung mancher in der Partei neben der Chance, das Merz-Lager vorerst zu befrieden, ein nicht unerhebliches Risiko. Er würde einen Mann an seine Seite holen, der ihm beim wohl wichtigsten Wahlkampfthema die Butter vom Brot nehmen könnte. Denn als Folge der Corona-Krise dürfte der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Massenpleiten das wohl wichtigste Wahlkampfthema werden. Und von Merz ist bekannt, dass er sich selbst beim Wirtschaftsthema für den kompetentesten Experten hält.

Ob Laschet das gelegen kommt? Auf der anderen Seite hat er als NRW-Ministerpräsident bewiesen, dass er alle Flügel der Partei ins Kabinett einbinden kann.

Doch auch für Merz wäre es ein Risiko, sollte er einen Ministerposten anpeilen. Denn falls Laschet als Kanzlerkandidat die Bundestagswahl gewinnt und eine Regierung bilden könnte, stünde er vor dem Problem, dass sehr viele Politiker aus seinem Heimatland Nordrhein-Westfalen auf Spitzenposten spekulieren. Wohl zu viele für den Geschmack der anderen CDU-Landesverbände. So dürfte Laschets Teampartner, Gesundheitsminister Jens Spahn, erneut auf ein wichtiges Ministeramt hoffen. Gleiches könnte für Norbert Röttgen gelten, der im Kampf um den Parteivorsitz einen Achtungserfolg erzielt hatte und ins Präsidium eingezogen war. Ihm wird nachgesagt, er liebäugele mit dem Außenressort.

Noch mehr CDU-Spitzenpolitiker kommen aus NRW: Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, von dem bekannt ist, dass er gerne auf diesem Posten bliebe. Oder CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der nach seiner von allen Seiten gelobten Organisation des Führungswechsels in der CDU wohl eine wichtige Aufgabe unter Laschet behalten dürfte. Eine verzwickte Aufgabe für Laschet - ob da noch Platz für Merz ist?

- Die K-Frage: Erst nach den für die CDU wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Mitte März wird von den Unionsspitzen wohl entschieden, wer Kanzlerkandidat wird - das haben CSU-Chef Markus Söder und Laschet durchblicken lassen. Womöglich werde man sich Zeit lassen bis nach Ostern, also bis Anfang April. Hier gibt es also keinen akuten Handlungsdruck für Laschet.

- Die Partei: Recht rasch wird Laschet aber wohl entscheiden müssen, wie er die Parteizentrale, das Adenauerhaus, auf sich zuschneidet. Wie teilt er seine Aufgaben als Regierungschef in Düsseldorf und Parteichef in Berlin auf? Spätestens wenn die Corona-Krise abflaut, dürften viele Gremiensitzungen wieder in Präsenz stattfinden - zwei Mal im Monat, so war es in der Vergangenheit die Regel. Und auch zu den Fraktionssitzungen dürfte Laschet eingeladen sein, oder zu Koalitionsausschüssen. Die Pendelei zwischen Rhein und Spree wird für den neuen CDU-Chef jedenfalls ganz schön zeitaufwendig werden.

- Der Wahlkampf: Schon Laschets Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte das Ziel, inhaltliche Leerstellen in der CDU zu füllen und mit Köpfen zu verbinden. Nachdem daraus in der knapp einjährigen Hängepartie an der Parteispitze wegen der Pandemie nichts geworden ist, fällt nun Laschet diese Aufgabe zu. Auf dem Parteitag hatte er wichtige Themen genannt: Wirtschaft und Ökologie zusammen- und die Digitalisierung voranbringen. Dazu das Soziale, die Bildung, Europa und Internationales - als „Mannschaftskapitän der führt und zusammenführt“ hatte er sich da beschrieben.

Laschet dürfte nun bald mit der Parteispitze beraten, wie der Wahlkampf konkret aussehen soll. Zwei Hinweise hat er schon gegeben: In seiner Bewerbungsrede auf dem Online-Parteitag ging es auffallend oft um Vertrauen. Und bei seinen Auftritten vor der CDU in den wahlkämpfenden Landesverbänden Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kündigte Laschet am Wochenende einen Richtungswahlkampf an: gegen ein rot-rot-grünes Linksbündnis.

Doch so richtig kann der Wahlkampf erst losgehen, wenn klar ist, wer Kanzlerkandidat wird - Laschet oder doch der bayerische Ministerpräsident Söder. Aber für die Planung der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs ist ja auch nach Ostern noch viel Zeit.