Politik Inland

Pflege im Heim immer teurer - Kostenbremse vor der Wahl?

Mittwoch, 27. Januar 2021 - 15:16 Uhr

von Von Sascha Meyer, dpa

Eine Altenpflegerin in Schutzkleidung hält die Hand eines Pflegeheimbewohners. Die Pflege im Heim wird immer teurer. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin (dpa) - Die Kosten für Pflegeheimbewohner und ihre Angehörigen steigen und steigen und steigen. So geht das jetzt schon seit Jahren. Zum raschen Gegensteuern bleibt der Bundesregierung nicht mehr viel Zeit. Die Pflege im Heim wird auch im neuen Jahr immer teurer - und das erhöht den Druck für Entlastungen noch vor der Bundestagswahl.

Die selbst zu zahlenden Anteile stiegen weiter auf nun 2068 Euro pro Monat im bundesweiten Schnitt, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen mit Stand 1. Januar hervorgeht. Das sind 128 Euro mehr als Anfang vergangenen Jahres. Es gibt aber weiter große regionale Unterschiede. Im Vergleich der Bundesländer am teuersten bleiben Heimplätze in Nordrhein-Westfalen mit nun durchschnittlich 2460 Euro pro Monat. Die geringste finanzielle Belastung haben dagegen Heimbewohner in Sachsen-Anhalt mit im Schnitt 1465 Euro pro Monat.

In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen daneben aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen dazu. Der Eigenanteil allein für die reine Pflege stieg nun im Bundesschnitt auf 831 Euro, nachdem es am 1. Januar 2020 noch 731 Euro gewesen waren. Damit setzt sich ein längerer Trend nach oben fort: Anfang 2018 waren es 593 Euro gewesen.

Die seit Jahren geführte Diskussion über eine Kostenbremse für die rund 800.000 Pflegebedürftigen in den Heimen nimmt damit weiter Fahrt auf - zumal das Problem nicht kleiner wird. In der alternden Gesellschaft werden mehr und mehr Menschen pflegebedürftig sein. Der ehrenamtliche Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Uwe Klemens, warnte am Mittwoch: „Wenn bei den Eigenanteilen nichts geschieht, dann werden immer mehr Menschen auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sein.“ Bereits heute betreffe dies rund zehn Prozent aller Pflegebedürftigen. Die geplante Pflegefinanzreform müsse daher noch vor der Bundestagswahl am 26. September verabschiedet werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat inzwischen Eckpunkte für eine Reform vorgestellt, um bei den Belastungen gegenzusteuern. Demnach sollen maximal 700 Euro pro Monat als Eigenanteil für die reine Pflege zu zahlen sein, begrenzt auf 36 Monate. Das Konzept sieht unter anderem auch einen dauerhaften Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung und eine leichte Anhebung des Zuschlags auf die Pflegebeiträge für Versicherte ohne Kinder um 0,1 Prozentpunkte vor.

Der Sozialverband VdK forderte ebenfalls ein Entlastungsgesetz noch vor der Wahl. „Der Griff in den Geldbeutel der Heimbewohner wird immer tiefer. Das muss ein Ende haben“, sagte Präsidentin Verena Bentele. „Die Zuzahlung zu den Pflegekosten muss auf Null sinken.“ Pflegebedürftige seien mit den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen schon genug belastet. Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte: „Es wird Zeit, dass die Pflegeversicherung den Pflegekosten-Anteil komplett übernimmt. Die Restkosten zahlt der Pflegebedürftige selbst.“

Von einem 700-Euro-Deckel der Pflegekosten würden indes vorwiegend Menschen in den westlichen Bundesländern profitieren, kritisierte der VdK. „Diese Ungleichbehandlung darf nicht sein.“ Über der Schwelle von 700 Euro liegen den neuen Daten zufolge derzeit 10 der 16 Länder. Am höchsten ist der Eigenanteil für die reine Pflege weiterhin in Baden-Württemberg mit nun durchschnittliche 1121 Euro. Es folgen Berlin mit 1034 Euro und Bayern mit 985 Euro. Deutlich weniger sind es in Thüringen (554), Sachsen-Anhalt (580) und Schleswig-Holstein (637). Bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung gibt es ebenfalls eine große Spanne: von 593 Euro in Sachsen-Anhalt bis 1051 Euro in Nordrhein-Westfalen. Der Bundesschnitt liegt bei 779 Euro.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte, die Pflegereform auf die lange Bank zu schieben. Endlich kommen müsse zudem der im Koalitionsvertrag festgeschriebene bundeseinheitliche Tarifvertrag für die Altenpflege. „Die Beschäftigten haben es verdient, dass ihre schwierigen Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht nur gesehen und bedauert, sondern endlich auch konkret verbessert werden“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. VdK-Präsidentin Bentele nannte es „absolut richtig“, dass die Gehälter steigen. Den Kostenanstieg allein den Pflegebedürftigen aufzubürden, sei aber nicht hinnehmbar.