Bundesliga

Immer nur so gut wie Havertz: Bayers Bruchlandung

Mittwoch, 27. Mai 2020 - 10:41 Uhr

von Von Holger Schmidt, dpa

Für Leverkusens Kai Havertz lief das Spiel gegen den VfL Wolfsburg überhaupt nicht gut. Foto: Marius Becker/dpa-Pool/dpa

Leverkusen (dpa) - 114 Tage und zwölf Spiele lang hat Bayer Leverkusen keine Partie verloren, elf davon gewonnen. Angeführt von einem überragenden Kai Havertz. Kaum erwischt der 20-Jährige einen schlechten Tag, geht Bayer gegen Wolfsburg unter.

Die Bruchlandung nach dem Höhenflug war schmerzhaft, und vor allem Lukas Hradecky fühlte sich wie im falschen Film. „Das ist inakzeptabel“, schimpfte der Finne: „Ich hoffe sehr, dass das nur ein Ausrutscher war.“

Über Monate war Bayer Leverkusen von Sieg zu Sieg geeilt, hatte Serien aufgestellt und die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte gespielt. Und am Dienstag war es plötzlich allein Torhüter Hradecky zu verdanken, dass es statt des 1:4 gegen den VfL Wolfsburg nicht die höchste Heimniederlage der 41-jährigen Bundesliga-Geschichte gab. „Der Tag hätte nicht ganz so schwarz sein müssen“, sagte Julian Baumgartlinger, dem fünf Minuten vor Ende das einzige Tor für die Gastgeber gelang.

Wieder einmal bewies sich der Wert von Kai Havertz auch im Negativen für die Leverkusener. Denn die Formel, dass Bayer letztlich im Ganzen immer nur so gut ist wie sein Offensiv-Juwel, passte auch diesmal. Nach Gala-Vorstellungen und vier Toren in sechs Tagen war Havertz diesmal abgemeldet - und prompt ging bei Bayer gar nichts mehr.

Für Hradecky war der kollektive Blackout im Werks-Duell aber vor allem eine Frage der Einstellung. „Mental war das nicht top“, sagte der 30-Jährige: „Das war heute zu viel Selbstverständlichkeit. Vielleicht haben einige gedacht, dass es von selbst läuft.“

Das Durchschnaufen war allerdings auch irgendwie menschlich. Denn mit langem Anlauf hatte Bayer am Samstag endlich den Champions-League- Platz erobert - um ihn nun gleich wieder aus den Händen zu geben. „Den Platz gewinnen oder verlieren wir am letzten Spieltag“, mahnte Hradecky.

Auch Trainer Peter Bosz ging mit seiner Mannschaft hart ins Gericht. „Die Niederlage war auch in der Höhe verdient“, sagte der 56 Jahre alte Niederländer: „Das war schlecht von uns in allen Bereichen.“ Seine Profis nahm Bosz direkt in die Pflicht. „Ob es ein Ausrutscher war, sehen wir am Freitag in Freiburg.“ Und dass es bis dahin wieder nur zwei Tage Pause gebe, dürfe keine Ausrede sein.

Lang darf die Durststrecke nicht werden, denn die Ziele sind hoch gesteckt bei den Leverkusenern, die zuletzt mancher mindestens als Kandidat für die Vize-Meisterschaft gesehen hatte. Die erneute Qualifikation für die Königsklasse und ein Titel sollen es für den Halbfinalisten im DFB-Pokal und potenziellen Viertelfinal-Teilnehmer in der vielleicht irgendwann fortgesetzten Europa League sein - das ist eigentlich auch realistisch. Und mit einem Kai Havertz in der Form der letzten Wochen wird es noch realistischer.