Furioses Finale: Gose und Märtens glänzen mit Freistil-Gold

Furioses Finale: Gose und Märtens glänzen mit Freistil-Gold

Europameister über 400 Meter Freistil: Lukas Märtens feiert seinen Sieg. Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa

Rom (dpa) - Isabel Gose wollte beim goldenen EM-Abschluss am liebsten direkt zu ihrem Freund Lukas Märtens ins Becken springen. „Aber sie haben mich nicht durchgelassen“, sagte die Freistilschwimmerin nach ihrem EM-Titel über 400 Meter und lachte.

Nur zehn Minuten nach Goses größtem Karriereerfolg in 4:04,13 Minuten schlug ihr Partner ebenfalls zu Gold an und lag in seinem Rennen sogar lange auf Kurs Weltrekord von Paul Biedermann. „Ich bin einfach nur glücklich“, sagte Gose und ergänzte mit Blick auf die Siegerehrung: „Das wird so ein geiles Gefühl, wenn zuerst die Hymne für mich läuft und dann für Lukas.“

Auf der Tribüne freute sich Olympiasieger Florian Wellbrock mit seinen Magdeburger Teamkollegen. Der 24-Jährige verzichtet nach seiner Corona-Infektion auf die Freiwasserrennen in den kommenden Tagen und fliegt am 18. August zurück in die Heimat. Vor dem extrem stimmungsvollen Schlussakt der Becken-Asse bejubelten die deutschen Wasserspringer Gold und Bronze.

„Ich habe mich von der Menge tragen lassen und so getan, als würden sie alle für mich jubeln. Das hat funktioniert“, sagte Gose. Mit ihrem Start-Ziel-Sieg spornte sie Märtens zusätzlich an. „Ich habe gesehen, wie solide sie das gemacht hat und da habe ich mir ein Beispiel dran genommen“, sagte der 20-Jährige nach seinem Triumph in 3:42,50 Minuten. Im Gegensatz zu seiner Freundin, die bei den Feierplänen noch vorsichtig war, kündigte er an: „Heute passiert auf jeden Fall noch was!“ In seinem Rennen über 400 Meter Freistil gewann Henning Mühlleitner Bronze und besserte die deutsche Medaillenausbeute zusätzlich auf. Der Schweizer Antonio Djakovic lag zwischen ihm und Märtens.

Zweimal Gold, zweimal Silber und viermal Bronze holten die deutschen Beckenschwimmer in Rom. Zwei Goldmedaillen in Einzelrennen bei einer EM im Becken hatte es seit 2012 und den Zeiten von Biedermann und Britta Steffen nicht mehr gegeben. Damals waren es sogar fünf Einzel-Goldmedaillen gewesen. Neben Gose, die einen kompletten Medaillensatz gewann, und Märtens mit Gold und Silber trugen auch Brustschwimmer Lucas Matzerath mit Bronze über 50 Meter, Ole Braunschweig mit Rang drei über 50 Meter Rücken und Mühlleitner ihren Teil zum Gesamtergebnis bei.

Dominiert wurde die EM im prächtigen Freiluftpool von den Italienern. Angefeuert vom bestens gelaunten und partywütigen Publikum gewannen die Gastgeber überragende 13-mal Gold. Ein Glanzlicht setzte zudem der 17 Jahre alte Rumäne David Popovici mit seinem Weltrekord über 100 Meter Freistil in 46,86 Sekunden.

Wellbrock lieferte nicht wie gewohnt. Die Folgen seiner Covid-19-Erkrankung im Juli, harte Wetterbedingungen und eine leichte Erkältung führten zur Entscheidung, nicht mehr im Meer vor Lido di Ostia auf Medaillenjagd zu gehen. „Jetzt steht die physische und auch die psychische Gesundheit an erster Stelle“, betonte Wellbrock.

Beim Saisonhöhepunkt WM hatte er im Juni bei fünf Starts noch fünf Medaillen gewonnen. Die EM ohne Podestplatz ließ sich daher verschmerzen.

Insgesamt war Bundestrainer Bernd Berkhahn mit seinen Spitzenschwimmern schon vor der glänzenden finalen Abendsession zufrieden. Der 51-Jährige hob speziell Goses Leistung hervor. „Sie hatte die Möglichkeit, sich hier ein bisschen freizuschwimmen und konnte die Enttäuschung von der WM ein bisschen wettmachen. Das ist sehr gut“, sagte der Magdeburger Coach. Auch die anderen Teilnehmer der Weltmeisterschaften, bei der Gose das erhoffte Edelmetall noch verpasst hatte, hätten ihre Sache gut gemacht.

Berkhahn sah aber auch negative Punkte. „Mit vielen Einzelleistungen kann man nicht zufrieden sein – definitiv nicht“, sagte er. „Es gibt ja einige Sportler, die sich nur auf diese EM vorbereitet haben langfristig. Da muss man schon sagen: Das war meist nicht gut.“ Vor allem die zweite Reihe lieferte nicht wie gewünscht.

Während die meisten seiner Athleten nun abreisen, soll es für die Wasserspringerinnen und Wasserspringer erst richtig losgehen. Tina Punzel fiel ihrem Synchronpartner Lou Massenberg nach dem EM-Titel im Mixed-Wettbewerb vom Drei-Meter-Brett glücklich in die Arme. „Das war eine Riesenerleichterung“, sagte Massenberg zum Moment, als er die „1“ auf der Anzeigetafel im Foro Italico sah. Kurz danach holte Christina Wassen Bronze im Turmspringen. „Der Knoten ist jetzt hoffentlich geplatzt“, sagte die 23-Jährige nach zwei für das deutsche Team enttäuschenden Wettkampftagen ohne Edelmetall.

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